Und jetzt?

Mein Blog-Beitrag zur Debatte um Peer Steinbrücks Interview „Wahrheit und Wirklichkeit“ ist der meist gelesene Artikel auf meinem Blog. Er wurde auf facebook geteilt und auf twitter und so manch anderer Blogger verlinkte ihn als Referenz. Dabei richtete sich der Blick aller Kommentatoren nur in die Vergangenheit. Analysen eines möglichen Fehlers Peer Steinbrücks, oder aber der Medien. Dabei ist mein Kommentar viel weniger retrospektiv, denn prospektiv ausgerichtet.

Es ist egal, wer jetzt Recht hat. Es ist sogar egal, ob wirklich jeder das gesamte – im Grunde völlig unspektakuläre – Interview gelesen hat, wie Mathias Richel im Grunde zu Recht fordert. Es ist egal, ob die Forderung berechtigt ist oder unberechtigt, wie Christian Soeder schreibt. Alles das hat keinen Einfluss auf das „und jetzt?“.

Eines ist sicher, die Botschaft kam an. Die Leute glauben mal wieder Peer Steinbrück sei geldgierig. Wer sich in den letzten Tagen in Sozialen Netzwerken bewegt hat, konnte das spüren. Polemik aller Orten und besonders auf allen SPD-Seiten. Auf twitter feierten sich die Pseudo-kreativen mit den #steinbrückfilmen. Eines ist sicher, der geldgierige Peer besitzt gerade eine Wirklichkeit. Er steckt in den Köpfen der Menschen.

Das zweite Prinzip der Relevanztheorie kommt augenblicklich für Peer Steinbrück fatal zum tragen: „The ostensive stimulus ist he most relevant one compatible with the communicator’s abilities and preferences“ (Sperber / Wilson 1995). Die Menschen verstehen, was sie verstehen wollen. Sie verstehen, was sie bereits verstanden haben. Jede Möglichkeit Peer Steinbrück misszuverstehen wird von Journalisten und Bevölkerung aufgegriffen und sofort als generelle Position begriffen. So erklären sich dämliche Überschriften wie die der FAZ: „Bundeskanzler verdient zu wenig Geld“.

Und jetzt? Jammern? Ärgern? Medien beschimpfen? Bevölkerung für dumm erklären? Nein, ich meine es ernst. Was seine Wirklichkeit besitzt kann nicht nieder argumentiert werden. Es ist just eine situative Wahrheit. Situativ und nicht endgültig.

Die Fragen der nächsten Tage müssen lauten:

– Welche Botschaften prozessieren die Menschen aktuell am wahrscheinlichsten? Welche dieser Botschaften sind dienlich, welche nicht?
– Welche kommunikativen no-go-Areas lassen sich definieren, weil sie zu schnell die meist präferierte Verstehensdimension bedienen?
– Wie lässt sich in die aktuelle Geschichte ein neuer Spin bekommen? Was ist die Stärke von Peer Steinbrück just in dieser Konfrontation?

Politische Strategie erschöpft sich nicht in bunten Bildern und ein paar Plakaten. In langweiligen Claims und der Organisation von Veranstaltungen. Politische Strategie gewinnt die kommunikative Oberhand. Sie blickt in die Gedankenwelten der Menschen, versteht, was sie verstehen können und reagiert darauf. Der Job des politischen Strategen für Peer Steinbrück ist schwieriger geworden, aber auch zweifelsohne spannender. 

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