Die neue Eigenheimpolitik – für eine mehrheitsfähige SPD
„Die scheiß Mieten sind zu hoch!“ So einfach lässt sich sagen, was häufig genug zu kompliziert ausgedrückt wird. Ein Problem in Deutschland, das die SPD erkannt hat und gegen das sie vor geht. Wo die SPD regiert, gibt es massive Wohnungsbauinitiativen und gesetzliche Regelungen gegen steigende Mieten. Richtig so! Trotzdem geht es in den Umfragen bergab. Denn ein Analyseschritt fehlt der SPD noch zur Mehrheitsfähigkeit: „Miete ist immer scheiße, egal wie hoch und linke Politik begrenzt nicht die Marktmacht der Reichen, sondern stellt die Eigentumsfrage.“
Nur noch zwischen 13-16 Prozent für die SPD bundesweit sind frustrierend. Es macht keinen Spaß, ständig an Zustimmung zu verlieren, wenn man in der Bundesregierung die einzige Partei ist, die ernsthaft Sacharbeit macht und konkret an Problemlösungen arbeitet. Aber es ist eben die Realität und das hat auch damit zu tun, dass die SPD zu wenig versteht, was die Leute sich eigentlich wünschen und zu schnell Umfragen hinterher hechelt, in denen die Leute gefragt werden, wovor sie Angst haben.
Angst vor steigenden Mieten
Die Mieten steigen extrem schnell in Deutschland. Viele Leute haben Angst davor, dass sie aus ihren Wohnungen verdrängt werden von Leuten, die mehr verdienen und sich die höheren Mieten leisten können. Gegen dieses Problem geht die SPD vor im Bund mit der verschärften Mietpreisbremse, mit der neuen Forderung nach einem Mietenstopp, mit neuen Regelungen, die verhindern sollen, dass ständige Sanierungen als Mittel genutzt werden, um die Mieten zu steigern, mit dem Recht, die Vormiete zu kennen und dadurch, dass man den Kommunen Grundstücke des Bundes zum bebauen zur Verfügung stellt. Alles gute Gründe als Mieterin oder Mieter, die SPD zu wählen. In den Kommunen werden wieder vermehrt Wohnungsbaugesellschaften gegründet und Milieuschutzsatzungen sollen dafür sorgen, dass Leute nicht aus ihrem Quartier vertrieben werden können, die Ordnungsämter gehen gegen die Umwandlungen von Wohnungen in Ferienwohnungen zunehmend vor. Ein riesiger Strauß an Maßnahmen gegen die Angst vor dem Verlust der eigenen Wohnung.
Stopp!
„Viele Leute haben Angst davor, dass sie aus ihren Wohnungen verdrängt werden von Leuten, die mehr verdienen und sich höhere Mieten leisten können.“ Diesen einen Satz, der die Grundlage all der vielen richtigen und guten politischen Initiativen der SPD bildet, muss man sich in Ruhe anschauen. Im Grunde steckt bereits alles darin, was man verstehen muss, um über die heutigen Maßnahmen hinaus in Zukunft eine neue, mehrheitsfähige Politik zu machen.
Es gibt Leute, die sich höhere Mieten leisten können. Leute wie mich. Leute wie Dich, die*der Du diesen Artikel liest. Denn Leute, die solche Artikel lesen und im Beruf sind, können sich fast immer (noch) steigende Mieten leisten. Klar, es nervt, dass die Mieten steigen. Klar, die scheiß Mieten sind zu hoch, aber es geht noch irgendwie. Diejenigen, die ausziehen müssen aus den Wohnungen sind die anderen. Wir können wegen den steigenden Mieten schlicht nur einmal weniger im Monat essen gehen. Ärgerlich, aber erträglich.
Hoffnung als Problemlösung
Warum wohnen wir eigentlich zur Miete? Du und ich? – Geht es Dir wie mir und Du hast gar keine Lust darauf? – Denkst Du auch seit längerem über den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nach und bist jedes Mal entsetzt darüber, wie unfassbar teuer das geworden ist. Bei mir im Viertel kostet eine Drei-Zimmer-Wohnung über eine halbe Million Euro.
Die Wahrheit ist, dass noch viel schneller als die Mieten die Preise für den Erwerb von Wohnungen gestiegen sind. Das hängt mit der Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank zusammen. Denn es ist leicht, sich billiges Geld für den Kauf einer Wohnung zu beschaffen, aber in der Konsequenz ist es eben auch unattraktiv, sein Geld bei der Bank anzulegen. Deshalb drängen institutionelle Anleger in den deutschen Wohnungsmarkt und kaufen hier alles auf. Die Renditen hier sind noch so hoch, dass es sich für diese Anleger lohnt. Keiner von uns – weder Du noch ich noch unsere Freunde können mit diesen reichen Leuten mithalten. Die können uns immer überbieten.
Die Konsequenz dessen ist, dass wir, die wir eigentlich schon längst ein Eigenheim bewohnen und abzahlen müssten alle zur Miete wohnen. Wir sind die Leute, die sich steigende Mieten leisten können und plötzlich mit denen um Wohnungen konkurrieren, die sich niemals ein Eigenheim leisten können.
Wäre es nicht schlau, Eigenheimpolitik für die Gesellschaftsmitte zu machen, damit diese wieder in den eigenen vier Wänden wohnt und damit keine zahlungskräftigen Mieter mehr im Mietmarkt sind?
Das Spannende an einem solchen politischen Ansatz ist, dass er weit über die ärmeren Gesellschaftsgruppen hinaus Begeisterung auslösen kann. Ich will gar nicht mit denen, die sich nur das Mieten leisten können, um Mietwohnungen konkurrieren. Auch ich finde das unangenehm. Ich will gerne eine eigene Wohnung erwerben, sehe aber auch, dass sich das bei den explodierenden Wohnungspreisen schlicht wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass die eigenen, selbst bewohnten vier Wände die beste Versicherung gegen Altersarmut sind. Meine Hoffnung ist also, dass ein politischer Akteur das Marktversagen beim Wohnungskauf erkennt und dafür sorgt, dass ich aus dem Mietmarkt aussteigen kann.
Es gewinnt immer eine Politik, die nicht nur konkrete Probleme lindert, sondern Hoffnung macht, dem Problem auf Dauer zu entkommen.
Eine neue Eigenheimpolitik
Wer ein Eigenheim kauft, nimmt mehr Kompromisse in Kauf als beim Mieten. Das war schon immer so. Wer es sich leisten kann und mieten muss, wohnt eben lieber in der Mitte der Großstadt als am Rand, in der Kleinstadt oder auf dem Dorf. Raus gezogen ist die Mitte immer dann, wenn sie dort ein Haus bauen konnte oder eine Wohnung kaufen. Für die eigenen vier Wände nimmt man eben auch eine halbe Stunde mit der S-Bahn in Kauf.
Sprich, man kann politisch steuern, wenn man als Politik selbst definiert, wo man Eigenheime erwerben kann. Sinnigerweise sollte diese Steuerung so erfolgen, dass zahlungskräftigere Personen nicht nur aufhören, zur Miete zu wohnen, sondern auch noch aus den überfüllten Innenstädten heraus an den Rand gelockt werden. Eine Strategie, die für die einen den Traum vom Eigenheim möglich macht und für die anderen die Mieten wieder fallen lässt. Denn eines sollen wir weiterhin nicht vergessen: Die scheiß Mieten sind zu hoch! – Sprich, sie müssen fallen.
Eine neue Eigenheimpolitik der SPD könnte nach folgendem Prinzip organisiert werden: Der Bund schafft ein Vorkaufsrecht für alle Grundstücke für die Kommunen. Die Kommunen erwerben die Grundstücke und bebauen sie selbst statt institutionelle Investoren in den Markt zu lassen. Des weiteren können die Kommunen günstig Grundstücke des Bundes erwerben. In den Innenstädten realisieren die Städte sozialen Wohnungsbau für Personen mit Wohnberechtigungsschein mit einer definierten Höchstmiete und bauen am Stadtrand Mehrfamilienhäuser, die im Anschluss an Einzelpersonen als Eigenheim weiterverkauft werden, ohne dass man dabei versucht eine große Rendite zu erzielen. Institutionelle Investoren bleiben dabei ausgeschlossen.
Damit die Kommunen sich diese Manöver leisten können, müssen diese finanziell besser ausgestattet werden. Eine Forderung, die die SPD schon lange erhebt, aber die genau in dem skizzierten Verfahren erstmalig eine Relevanz direkt für die Mitte der Gesellschaft erhält. Wen interessieren schon die Kommunalfinanzen, wenn sich damit nicht direkt etwas greifbares verbindet?
Ein weiterer interessanter Nebeneffekt wäre, dass Vermögensbildung wieder in deutlich breiteren Teilen der Gesellschaft möglich werden könnte. Heute kann sich fast nur noch diejenige oder derjenige ein Eigenheim leisten, die*der ein Grundstück oder Kapital erbt. Das heißt, dass sich sozialer Status nur vererbt, aber schwer selbst aufgebaut werden kann. Das zentrale Versprechen der SPD ist aber nicht nur der Schutz vor dem Fallen, sondern vor allem und zuvorderst das Versprechen, dass man es im Leben zu was bringen kann. Diese Aufstiegsperspektive wieder herzustellen macht die SPD zu einem Partner für breite Gesellschaftsteile. Hoffnung statt Umfragenpolitik gegen die Angst.
„Damit sich alle wieder ein Eigenheim leisten können. SPD“